Softwarelösung vs. Verkehrswende

Es hätte einen Sturm gebraucht. Einen Sturm der Empörung gegenüber der Automobilindustrie von Seiten der Politik. Ein Sturm der ernst gemeinten Maßnahmen, die Luft in unseren Städten schnellstmöglich und dauerhaft sauber zu bekommen und zu halten. Nicht weniger hatten wir in unserem offenen Brief an die Teilnehmenden des Dieselgipfels gefordert.

Doch es war nur ein laues Lüftchen, was als „Ergebnis“ des Treffens der Autokonzerne und Politik veröffentlich wurde. Mit Software-Updates sollen 5,3 Millionen Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro-5 und Euro-6 nachgerüstet werden. Damit soll der Stickoxid (NOx)-Ausstoß dieser Pkw um bis zu 30 Prozent gesenkt werden.  Doch mit dieser Softwarealternative kommt die Automobilindustrie billig weg. Mehr als eine Placebo-Wirkung erwarten Experten und Insider nicht davon. Und selbst wenn diese 30 Prozent erreicht werden könnten, wären die NOx-Werte immer noch mehr als vier Mal so hoch wie das gesetzliche Euro-6-Limit. Hinzu kommt: Es handelt sich um eine freiwillige Serviceaktion und keinen angeordneten Rückruf. Kein Besitzer ist gezwungen, das nebulöse Update aufzuspielen. Mit Umstiegsprämien sollen zusätzliche Kaufanreize für weitere Autos gesetzt werden. Noch mehr Autos…

Die Ergebnisse für eine echte Verkehrswende bleiben jedoch schwammig. Die Förderung des emissionsarmen und emissionsfreien öffentlichen Verkehrs soll ausgeweitet werden. Ein Fonds in Höhe von 500 Millionen Euro soll den Kommunen bei der Verbesserung der Luftqualität helfen. Das Geld stammt zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von VW, Daimler und BMW.

Mit dem Gipfel sollte hektisch Vertrauen zurückgewonnen werden, doch das Gegenteil ist der Fall. Es wäre ein klares Bekenntnis der Politik notwendig gewesen. Ein Bekenntnis zur Gesundheit der Bürger*innen. Ein Bekenntnis, wie von uns gefordert, endlich reinen Tisch zu machen. Die Politik hätte die Autoindustrie dazu zwingen können, jetzt aus der Technologie der Verbrennungsmotoren auszusteigen und zukunftsfähige Antriebssysteme zu entwickeln. Sie hätte ihre Rolle als Kontrollorgan wahrnehmen müssen. Doch der Dieselgipfel macht deutlich, dass sich die Politik von der Industrie an der Nase herumführen lässt.

Es ist abzusehen, dass damit die Schadstoffemissionen nur unwesentlich gesenkt werden. Es ist abzusehen, dass nur wenige Kund*innen die Scheinmaßnahme des freiwilligen Software-Updates überhaupt annehmen. Und es ist abzusehen, dass Kaufprämien für Euro-6-Fahrzeuge, die im Realbetrieb die Grenzwerte nicht einhalten, nichts zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beitragen.

Abzusehen ist daher auch, dass Fahrverbote in dieser Situation unausweichlich sein werden. Und es werden die gleichen Politiker und Industriellen jammern, die jetzt durch Beugung des Gesetzes völlig unzureichenden Maßnahmen beschlossen haben.

Ebenfalls klar abzusehen ist, wer die Verlierer dieses Theaters aus Vertuschen, Verdrängen, Leugnen und Verzögern sind: die Millionen von Menschen, die den Luftschadstoffen weiterhin täglich schutzlos ausgesetzt sein werden. Es sind die Millionen von Menschen, die ohne echte Mobilitätslösungen dastehen werden, wenn Fahrverbote greifen.

Uns stinkt das! Wir sagen daher weiterhin und umso lauter:

Jetzt handeln! Jetzt Verkehrswende! Jetzt saubere Luft!

Unser 10-Punkte-Aktionsprogramm für saubere Luft:
Reinheitsgebot für Münchner Luft (PDF)

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