Reinheitsgebot für Münchner Luft
10-Punkte-Aktionsprogramm für saubere Luft
Am 25. Januar 2017 hat der Stadtrat unsere Forderungen in der von der Verwaltung eingebrachten Beschlussvorlage aufgenommen. „Aus Gründen der Luftreinhaltung müssen mindestens 80 Prozent des Verkehrs auf Münchner Stadtgebiet bis zum Jahr 2025 durch abgasfreie Kraftfahrzeuge, den öffentlichen Personennahverkehr sowie Fuß- und Radverkehr zurückgelegt werden.“ Im Umkehrschluss bedeutet das einen Anteil des abgasemittierenden motorisierten Individualverkehrs von 20 Prozent. Oder, salopp gesagt, eine Halbierung des fossil angetriebenen Autoverkehrs. Die Landeshauptstadt hat sich verpflichtet, „für diese Verkehrswende schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen sowie jährlich über deren Fortschritt zu berichten.“ Die Originaldokumente sind hier zu finden.
Wenn wir in München saubere Luft atmen wollen, müssen wir alle unser Mobilitätsverhalten verändern. Doch fest steht: Die Autokonzerne haben betrügerische Absprachen zur Profitmaximierung und auf Kosten unserer Gesundheit getroffen. Die Politik hat auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene versagt. Kontrollen der Abgaswerte der Autos wurden nicht oder viel zu lasch durchgeführt. Wichtige Schritte zur Verkehrswende blieben aus. Zu Recht werden jetzt schnell wirksame Maßnahmen zur unmittelbaren Einhaltung der Grenzwerte wie flächendeckende Fahrverbote, City Maut und Schrittweise Reduktion der Kfz-Stellplätze in unser Stadt gefordert.
Unser „Reinheitsgebot für Münchner Luft“ ist Anregung, Forderung und Leitfaden zugleich, um die die dringend notwendige Aufgabe der Luftreinhaltung zu bewältigen und die gesundheitsschädlichen Emissionen langfristig und nachhaltig auf das gesetzlich erlaubte Niveau abzusenken.
Das »Reinheitsgebot für Münchner Luft« fußt auf vier Grundprinzipien:
1. Verkehr verbessern
2. Verkehr verlagern
3. Verkehr vermeiden
4. Mobilität erhalten
Wir konzentrieren uns dabei auf ein 10-Punkte-Aktionsprogramm. Folgende Maßnahmen liegen in der Zuständigkeit der Landeshauptstadt München und bilden den Rahmen für eine dauerhafte Luftreinhaltung und eine nachhaltige Stadtentwicklung.
Wir fordern:
1. Vorrang für Fuß- und Radverkehr
Die Landeshauptstadt München setzt konsequent auf den Ausbau des Fuß- und Radverkehrs. Bei der Neuplanung und Weiterentwicklung von Quartieren hat der Aspekt Nahmobilität oberste Priorität. Straßenquerschnitte müssen dabei Fuß- und Radverkehr priorisieren.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Flächendeckendes Leitsystem für Fußgänger
» Gut ausgebautes Fuß- und Radverkehrsnetz
» Radlparkplätze und ein Netz von Ladestationen für E-Bikes
2. Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
Die Landeshauptstadt München fördert massiv den ÖPNV. Sie macht dies durch eine deutliche Erhöhung der Investitionen und Schaffung von ausreichend Platz im öffentlichen Straßenraum. Sie fördert die Nutzung durch Taktverdichtung und die Einführung eines sozial gerechten Bürgertickets.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Münchner Mobilitätsticket für ÖPNV und Sharing-Systeme
» Bau von Trambahntangenten, besonders der Tram-West-Tangente
» Flächendeckendes Expressbussystem mit eigenen Fahrspuren
3. Abgasfreie Fahrzeugtechnologien fördern
Die Landeshauptstadt München fördert zukunftsträchtige Technologien, die wichtige Beiträge zu einer Abkehr von fossilen Energieträgern leisten. Grundsätzlich sind bei städtischen Investitionen abgasfreie Mobilitätsformen zu priorisieren.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Förderung von elektrischen Leicht- und Transportfahrzeugen
» Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur
» Pilotprojekte für Seilbahnen im Versorgungs- und öffentlichen Personennahverkehr
4. Sharing-Systeme ausbauen
Die Landeshauptstadt München baut flächendeckend Sharing-Systeme auf. Den dafür nötigen Platz gewinnt sie durch die Umwidmung von KFZ-Stellplätzen.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Ausbau eines städtischen Netzes von Mobilitätsstationen
» Fahrradmietsysteme um Lastenräder und E-Bikes erweitern
» Pilotprojekte von Mitfahrsystemen
5. Vorrang für Wirtschafts- und Versorgungsverkehr
Die Landeshauptstadt München priorisiert den Wirtschafts-, Versorgungs- und Rettungsverkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr. Dies erfolgt sowohl im fließenden Verkehr als auch durch Zuweisung bedarfsgerechter Halteplätze. Den dafür nötigen Platz gewinnt sie durch die Umwidmung von KFZ-Stellplätzen und -spuren, ohne das Flächenangebot für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen einzuschränken. Die Landeshauptstadt fördert die Umrüstung der Flotten der Münchner Wirtschaft und die ihrer Be- und Zulieferer auf energieeffiziente und abgasfreie Fahrzeuge.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Ausbau von Wirtschaftsparkzonen
» Aufbau von Waren-Verteilerzentren
» Anreize zur Umrüstung auf abgasfreie Fahrzeuge
6. Pendelverkehr optimieren
Die Landeshauptstadt München verstärkt ihre Bemühungen gemeinsam mit den Nachbargemeinden der Europäischen Metropolregion München, Lösungen für den Pendlerverkehr zu finden.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Stadt-Umland-Bahn realisieren
» Nord- und Südring für die S-Bahn
» Netz von Fahrradschnellwegen
7. Mutige Gesetzgebung
Die Landeshauptstadt München setzt sich gegenüber dem Freistaat Bayern, dem Bund und der Europäischen Union dafür ein, dass gesetzliche Rahmenbedingungen für weiterführende Maßnahmen zur Luftreinhaltung und für die Einführung energieeffizienter und abgasfreier Fahrzeugtypen geschaffen werden. Sie stellt insbesondere gegenüber der Automobilindustrie die Forderung nach der Einhaltung der Abgaswerte im Realbetrieb.
Dazu gehören insbesondere folgende Forderungen:
» Schaffung der Gesetzesgrundlage für eine City-Maut
» Einführung einer Blauen Plakette
» Emissionsabhängige KFZ-Zulassung statt KFZ-Steuer
8. Information und Bildung
Die Landeshauptstadt München weitet die mobilitätsbildenden Maßnahmen des bestehenden Programms „München – Gscheid mobil“ deutlich aus. Ziel ist es, Alternativen zum motorisierten Individualverkehr aufzuzeigen und anzubieten sowie umfassend und regelmäßig über Ursachen und Auswirkungen von Luftschadstoffen zu informieren. Die Maßnahmen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement werden ausgeweitet.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Mobilitätsbildung
» Mobilitätsberatung
» Infosäulen zur aktuellen Luftschadstoffbelastung
9. Neue Wege gehen
Die Landeshauptstadt München schafft Freiraum für neue Ideen einer lebenswerten und nachhaltigen Stadt. Zukunftsweisende Stadt- und Verkehrsplanung brauchen Raum für Experimente. Bei den einzelnen Planungs- und Entscheidungsprozessen setzt die Landeshauptstadt München intensiv auf Bürgerbeteiligung.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Mutige Pilotprojekte
» Ausweisung von Begegnungszonen und Shared Space-Bereichen
» Grüne Welle für Radfahrer*innen
10. Lebenswerte Stadtteilzentren schaffen
Die Landeshauptstadt München verfolgt in ihrer räumlichen Entwicklung den Grundsatz „kompakt, urban, grün“. Voraussetzung für eine attraktive Nahmobilität ist eine Stadtplanung der kurzen Wege: lebenswerte öffentliche Räume, eine funktionale Wegeinfrastruktur für den Fuß- und Radverkehr sowie der Ausbau des ÖPNV und von Mobilitätsstationen.
Dazu gehören insbesondere folgende Projekte:
» Förderung autoreduzierter Wohnbauprojekte
» Mischung von Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Versorgung
» Brücken und Stege für kurze Wege
Über die Maßnahmen des Reinheitsgebotes für Münchner Luft informiert die Landeshauptstadt München regelmäßig. Sie bezieht hierbei auch die Evaluierung der Maßnahmen des Luftreinhalteplans des Freistaats Bayern mit ein.
Sollte sich abzeichnen, dass die eingeleiteten Maßnahmen nicht zu den gewünschten und notwendigen Erfolgen zur Luftreinhaltung führen, ist das Aktionsprogramm unverzüglich zu erweitern.